Inga Rumpf: Darf ich was vorsingen?

Geschrieben von Jörg Schnebele
Buchtitel: Darf ich was vorsingen?
Autor: Inga Rumpf
Genre: Biografie, Autobiografie
Verlag: Ellert & Richter; 1. Edition
Veröffentlichung: 28.07. 2021
ISBN Nummer: 978-3831907984

 

Als ich unlängst die neue DoCD von Inga Rumpf „Universe of Dreams & Hidden Tracks“ rezensierte, und meine Freude äußerte, dass ich damals (70er Jahre) Ingas musikalisches Schaffen mit Frumpy und Atlantis „miterlebt“ habe, auf der anderen Seite aber einräumen musste, dass ich inzwischen ein alter Sack sei, antwortete mir Inga‘s Promotion Partner, dass dies unsere „Gnade der frühen Geburt“ sei. Recht hat er.

Das Alter erscheint in der Tat nebensächlich, wenn man sich selber (wenigsten im Kopf) nicht alt fühlt, sondern „lediglich“ der eigene Körper hier und da zu verstehen gibt, dass nun alles etwas langsamer ablaufen müsse.
Und hier ist der Ansatz zu Inga’s Buch „Darf ich was vorsingen?“ Auch sie hat sich eingestehen müssen, dass sie gealtert ist und mit Kopf und Körper (auch wenn sie mit ihren 75 Jahren noch sehr fit ist) in gewisser Weise „separat“ kommunizieren muss.

Ich muss gestehen, dass sich Inga Rumpf’s Wirken für mich vor der kurzweiligen Lektüre ihres Buches ausschließlich um Ihre Bands „The City Preachers“, „Frumpy“ und „Atlantis“ beschränkte.
Ich war sehr überrascht, dass die Dame aus dem hohen Norden eigentlich permanent Musik gemacht und viele Alben veröffentlicht hat, die komplett an mir vorbeigegangen sind, weil es sich eben nicht nur um ihre Rock Karriere gehandelt hat.
Sie hat Höhen und Tiefen erlebt, vermittelt aber in ihrem Buch, dass sie diese Ups and Downs klaglos und in irgendeiner Weise stets positiv betrachtet hat.
Inga Rumpf war, ist und wird immer eine starke Frau sein, die alles, was ihr das Leben gebracht hat, annimmt und damit zu leben versteht.

Inga gibt sehr intime Einblicke in ihr privates Leben, abseits von Ihrer Arbeit als Sängerin. Dies ist im Allgemeinen nicht unbedingt üblich, wenn ein Künstler seine Memorieren veröffentlicht. Viele ihrer Kollegen haben in ähnlichen Veröffentlichungen das Private, die Familie, komplett außen vorgelassen, während dieser Teil von Ingas Leben eigentlich den überwiegenden Teil in „Darf ich was vorsingen?“ ausmacht. Vielleicht deswegen, weil sie aufzeigt, dass dieses Private und Ihre Musik nicht zwei verschiedene Bereiche ihres interessanten Lebens sind, sondern eng miteinander verknüpft sind.
So schaue ich fast neidvoll auf Ingas Gabe, sich mit Ihrer Musik über schlimme Ereignisse ihres Lebens hinwegzutrösten: der plötzliche Tod ihres Mannes; Das mit ansehen müssen, wie ihre Eltern pflegebedürftiger wurden, inklusive ihrer aufopfernden Art, ihre Eltern bis zum Schluss hingebungsvoll und trotz ihres intensiven Musikerlebens betreut zu haben.

Bei diesen Unwägbarkeiten in ihre Leben wäre alleine die Rockmusik ihrer oben erwähnten Bands alleine nicht hilfreich gewesen.
Und so bewegte sich Inga stehts in den unterschiedlichen Musikgenres: dem Soul, Gospel, Jazz…
Auftritte absolvierte sie nicht nur in riesigen Hallen, unter anderem mit Aerosmith in den USA, sondern auch in kleinen Clubs, Kneipen und in aller Regelmäßigkeit auch in Kirchen.

Sie hat sich nie künstlerisch in die Enge treiben lassen, was ihr im Endeffekt die Zufriedenheit und Genugtuung verschafft hat, die ihr stehts im Leben zuteilwurde.

Und nirgendwo berichtet Inga darüber, dass sie Konzerte in kleinen Locations nach Auftritten in großen Hallen frustriert hätten. Jeder Auftrittsort war zur gegebenen Zeit für sie das Optimale, das Erstrebenswerteste.
Ich kenne viele Bands und Musiker, die sich hier eine dicke Scheibe Demut und positives Denken von Inga Rumpf abschneiden sollten.
Sie verzagte nie, sondern hatte stets ihre Musik, die ihr Kraft gab und gibt.

Inga Rumpf beschreibt ihr (Musiker) Leben, ohne auf Effekthascherei Wert zu legen; So, wie sie es stets empfunden hat. Wer vermutet, dass dadurch „Darf ich was vorsingen?“ dröge und langweilig ist, der befindet sich auf dem Holzweg.

Gerade die etwas ältere Generation (Ü40, Ü50 usw usw), werden das Werk mit Begeisterung verschlingen. Wundert man sich doch immer wieder, wie stark die Fäden der unterschiedlichsten Musiker und Genres miteinander verwoben waren und Konstellationen eintraten, die man nicht für möglich gehalten hätte.
Dabei ist das gemeinsame Musik machen mit Udo Lindenberg noch die geringste Überraschung.

Inga Rumpf blickt auf ein Leben voller Musik zurück, und nun, mit 75 Jahren, ist längst noch nicht alles gesagt.
Ich möchte mit einem Zitat aus dem Buch schließen:

„Damals dachte ich, ich würde es wohl bis zu meinem dreißigsten Lebensjahr machen können. Nun bin ich siebzig plus und stelle fest, dass Singen und Musizieren kein Ablaufdatum haben…“

 

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