Geschrieben von Dirk Draewe für das Hellfire Magazin
Buchtitel: Ich bekenneE
Autor: Rob Halford mit Ian Gittins
Genre: Heavy Metal Buch
Verlag: Headline Publishing Group London (Originalausgabe) / Wilhelm Heyne Verlag (Deutsche Ausgabe)
Veröffentlichung: 15.03.2021
ISBN: 978-3-453-27343-6
In einem edlem Harddcover liegt sie nun vor mir, die Autobiografie von Rob Halford, dem Metal God und für einen Fan der ersten Stunde wie mich Pflichtlektüre. Ich bin auch ganz froh, dass ich es in der deutschen Übersetzung vor mir liegen haben, denn ich habe vor kurzem erst die Autobiografie von K.K. Downing im Original gelesen und das war schon echt anstrengend. Einleitend weist Halford darauf hin, dass „Ich bekenne“ die Wahrheit und nichts als die Wahrheit enthält und er so ehrlich ist, wie es nur irgendwie geht. Daher bin ich gespannt was mich auf insgesamt 22 Kapiteln und etwas über 500 Seiten an Neuigkeiten erwartet.
Die Autobiografie beginnt mit der Beschreibung seiner glückliche Kindheit in Walsall, die aber auch geprägt von seinen Ängsten und dem Leben im Nachkriegsengland ist. Dabei erfahre ich auch, dass er das Vorsingen des Songs „Speed, boonie boat“ vor seiner Klasse, selbst als Beginn seiner gesanglichen Karriere beschreibt.
Sehr schnell geht es dann auch weiter mit seiner Erkenntnis, dass er schwul ist und das im Alter von gerade mal 10 Jahren. Dabei schildert er auch seine ersten sexuellen Erfahrungen als pubertierender Jugendlicher, sexuellem Missbrauch und der ständigen Angst vor dem Coming-out. Aber auch seine ersten Bühnenerfahrungen im Theater, seine zunehmende Liebe zur härteren Musik und schließlich das erste Vorsingen für Priest werden zum Thema. Halford nimmt dabei kein Blatt vor den Mund und erzählt schonungslos von seiner beginnenden und maßlosen Alkohol- und Drogensucht.
Dem Leser werden aber auch sehr tiefe Einblicke in das Band-Leben gegeben. Ob es die Suche nach dem richtigen Drummer, den sehr schlechten Erfahrungen mit Gull-Records unter deren Regie die Debüt-Alben „Rocka Rolla“ und „Sad Wings Of Destiny“ veröffentlicht wurden oder der Wechsel zum Major-Label CBS ist und dem anschließenden immer weiter steigenden Ruhm… Halford nimmt kein Blatt vor den Mund und seine Wortwahl ist oft sehr hart und rau.
Als besondere Würze plaudert er aber auch ganz unvoreingenommen über die vielen kleinen Geschichten um die Entstehung ihrer Alben, dem Leben Backstage, den kräftezehrenden Touren durch die ganze Welt oder auch den schon früh beginnenden Differenzen zwischen K.K. und Glen. Aber über allem schwebte sein seelischer Zwiespalt sich nicht als schwul outen zu können, weil er ständig Angst hatte, dass daran Priest zerbrechen würden. Für einen Außenstehenden eine sicher nicht nachvollziehbare Situation, die für ihn aber einen irren mentalen Stress bedeutete.
Je weiter ich in der Autobiografie versinke, umso klarer wird mir, das Halford zu seinen einleitenden Worten steht. Ich lerne viel neues bzw. Details die ich zwar kannte, die aber einfach falsch erzählt wurden. Halford lässt für den Leser kaum ein Detail aus und man fühlt sich immer mehr hineingezogen in das Leben von Halford und von Priest.
Aber mit dem enormen Leidensdruck und dem Erfolg rutschte Halford auch immer weiter in die Alkohol- und Drogenwelt ab, es folgt eine Hepatitis-Erkrankung und als sich Halford Mitte der 80ziger sogar das Leben nehmen will, erfolgt im Januar 86 seine Einweisung in das John C. Lincoln Medical Center. Gott sei Dank war die Therapie von Erfolg gekrönt, aber was blieb, war die Sehnsucht nach einem Coming-out und einer richtigen Partnerschaft.
Anfang der 90ziger dann der Schock für alle, als Halford seine Solo-Karriere verkündete. Auch diesem, unweigerlich mit Priest verknüpften Ereignis, widmet sich Halford sehr ausführlich, bis es schließlich 1998 zum Coming-Out kommt. Nicht geplant, war das für ihn wie ein Befreiungsschlag nach all der Zeit der Geheimniskrämerei. 2003 folgte dann die Reunion und es fühlte sich für die Band und die Fans so an, als habe es die Zeit der Trennung nie gegeben. Die Autobiografie schließt mit dem Weggang von K.K., der ja bekanntermaßen von Richie Faulkner ersetzt wurde und der nächsten Schocknachricht von Glens Erkrankungen an Parkinson.
Abschließend muss ich sagen, dass ich die Autobiografie, die mit einigen seltenen Aufnahmen aus dem Leben des 70-jährigen Shouter aufgepeppt ist, regelrecht verschlungen habe. Halford erzählt sehr offen aus seinem Leben und das ein oder andere Erlebnis hat mich schon etwas geschockt. Aber wie kommentiert es Halford „Meine Memoiren werden den Leser glücklich machen. Sie werden den Leser traurig machen. Sie werden einige Menschen verärgern. Und sie werden eine Menge Menschen schockieren.“ Seinen Worten ist nichts hinzuzufügen und ich kann es jedem, egal ob Priest-Fan oder nicht, nur wärmstens empfehlen. Lest es und erfahrt, wie zerrissen Halford bis zu seinem Coming-out war und was es heißt, der Metal-God zu sein.